Das Licht , daß aus der Lampe kam

„Das Wetter wechselt jede Minute, und ich hoffe für mich alles Gute …“ dichtete Jim auf dem Weg zum Reisebüro. Es lag etwas abseits in einer Nebenstraße, in der noch zwei andere Läden waren, ein Zeitungsladen und eine Pizzeria. Das Reisebüro gehörte ihm, zusammen mit seiner Frau. Er hatte es nicht weit, denn seine Wohnung lag gegenüber in einem Reihenhaus. Hinter dem Haus war ein schöner Garten, den er mit seiner Frau Silvia in jeder freien Minute nutzte.

Jim war ein Exbandit und hatte sogar mal „gesessen“. Er hatte mit zwei Freunden Juwelen gestohlen. Doch das war Vergangenheit. Seine Frau kannte die Geschichte, aber es machte ihr nichts aus. Sie liebte ihn und das war es, worauf es ankam.

Er hatte vor Jahren in diesem Reisebüro als normaler Verkäufer angefangen, und als sein Chef mit 65 Jahren an Krebs verstarb, nutzte er die Chance und übernahm den Laden. Die Stadt, in der er lebte, Bad Ganster, war zwar nicht groß, aber das Reisebüro lief nicht schlecht. Immerhin war das Reihenhaus samt Garten nicht gerade billig.

*

Eines Tages kam Jim müde von der Arbeit. Da wurde er plötzlich von hinten angesprochen. Er drehte sich um und sah den Briefträger. Der fragte ihn, ob er Jim Beilitz sei, und Jim bejate. Daraufhin gab ihm der Briefträger ein mittelgroßes Päckchen. Jim nahm es und gab ihm etwas Trinkgeld. Da es sowieso schon etwas spät war, beeilte sich Jim, nach Hause zu kommen.

Silvia hatte schon das Essen fertig. Sie arbeitete nur vormittags im Reisebüro. Den Nachmittag spielte sie Hausfrau, was bei der Größe des Hauses auch nicht unbedingt einfach war.

Als Jim eintrat, rief sie: „Weißt Du eigentlich, wie spät es ist? Das Essen ist schon fast wieder kalt!“ „Typisch Frau!“ dachte er und antwortete: „Tut mir leid, Silve, aber ich wurde aufgehalten. Hier, das Päckchen habe ich gerade vom Briefträger bekommen.“Er hielt es ihr vor die Nase. „Da ist ja gar kein Absender drauf.“ meinte sie. „Vielleicht ist er drin.“ entgegnete Jim und fing an, das Päckchen auszupacken. Zum Vorschein kam ein grauer Karton, doch es war immer noch nicht zu sehen, woher das Päckchen kam oder was es enthielt. Silvia wurde neugierig „Was ist denn nun drin?“ Jim machte den Karton auf und schaute hinein. „Das ist eine große Taschenlampe.“ sagte er. „Moment, da liegt noch eine Karte drin.“ Er nahm sie raus und las sie laut vor „Auf gute Zusammenarbeit … Ihr Freund LEFUET “ „Wer soll das sein? Klingt französisch.“ fragte Silvia. „Tut mir leid, das weiß ich auch nicht. Aber warte mal … das kann ja nur ein Scherz sein. Lies mal den Namen rückwärts!“ „T E U F E L … Teufel. Das ist aber ein schlechter Scherz. Was ist mit der Taschenlampe? Öffnet sie uns das Tor zur Hölle?“ Jim nahm die Taschenlampe vom Tisch und drehte sie in alle Richtungen „Das hoffe ich nicht. Sie sieht ganz normal aus.“ antwortete er und schaltete die Lampe ein. Sie ging … und wie …

Der Strahl fiel auf den Tisch … und der war weg. Auch der Karton und die Karte verschwanden spurlos. Silvia schrie auf und Jim knipste die Lampe sofort wieder aus.

Das Licht da aus der Lampe kam

„Verdammt, was war das?“ fragte Jim, ohne wirklich auf eine Antwort zu hoffen. „Woher soll ich das wissen?“ fragte Silvia zurück. “Wir sollten die Polizei rufen. Damit will ich nichts zu tun haben.“ Sie schaute ihn an. „Hast du eine Vermutung, wer das geschickt haben könnte? Vielleicht jemand aus deiner Vergangenheit?“ „ Nicht, dass ich wüsste. Da fällt mir keiner ein. Da wir damals alles zugegeben hatten, waren wir nicht lange genug im Gefängnis, dass wir dort Freunde gehabt hätten. Und Phillip und Frank, meine damaligen Partner, sind nicht schlau genug dafür. Hätte ich damals nicht alles geplant, hätten sie uns schon viel früher geschnappt. Wir sind doch nur aufgeflogen, weil Frank sich verplappert hatte.“ „Weißt du, was die Beiden jetzt machen?“ fragte Silvia. „Nein.“ Antwortete Jim „ich weiß nur, dass Phillip wieder zurück nach Frankreich gehen wollte. Aber ob er das wirklich gemacht hat, weiß ich nicht. Und Frank habe ich nach der Entlassung nie wieder getroffen.“ „Dann ruf die Polizei. Du bist jetzt ein seriöser Geschäftsmann und hast nichts zu verbergen.“ „ Ja, ist gut, ich rufe an.“

Langsam, den Blick immer wieder auf die Taschenlampe gerichtet, ging Jim zum Telefon. Als er endlich durchkam, erklärte er dem Beamten kurz die Situation. Die Antwort war kurz „Fassen Sie nichts an. Wir sind sofort bei Ihnen.“

*

Doch kurz ist relativ. Nach einer guten halben Stunde trudelten die ersten Polizisten ein. Erst ein normaler Streifenwagen, danach noch zwei Wagen der Kripo. Jim durfte die Geschichte also erst den normalen Polizisten erzählen und später noch zweimal den Kollegen von der Kripo. Keiner wollte Jim wirklich ernst nehmen, doch keiner traute sich, die Taschenlampe einzuschalten. Die Diskussionen und Spekulationen zwischen den Beamten und Jim und Silvia dauerten eineinhalb Stunden. Dann packten sie die Lampe ein, nahmen von Jim und seiner Frau die Fingerabdrücke, um sie von evtl. anderen an der Lampe unterscheiden zu können und verabschiedeten sich von den Beiden. „Sie bleiben bitte in der Stadt. Wir melden uns.“ sagte Kommissar Hammerstedt noch zu ihnen. Dann waren sie weg.

Als die Tür ins Schloss viel, schauten sich die Beiden an, schüttelten die Köpfe und nahmen sich erstmal in die Arme. „Was passiert, wenn dieser „Teufel“ das mitbekommt? Schickt er uns eine neue Lampe? Droht er uns?“ fragte Silvia. „Keine Ahnung. Vielleicht war es auch eine Verwechslung oder ein schlechter Scherz und es passiert gar nichts. Warten wir erstmal ab, was die Polizei herausbekommt.“ sagte Jim.

*

Es war mittlerweile spät geworden, das Essen war nun tatsächlich kalt geworden und richtig Appetit hatte jetzt sowieso keiner mehr. Sie gingen ins Wohnzimmer und setzten sich. „Wir brauchen einen neuen Tisch.“ sagte Jim. „Mir hat der alte eh nicht mehr gefallen.“ scherzte Silvia. „Das Holz war schon ziemlich zerkratzt. Ich will wieder einen mit Kacheln. Den kann man schön abwischen.“ „Bekommst du. Aber heute nicht mehr. Worauf stelle ich jetzt mein Bier? Machst du bitte die Nachrichten an?“ „Wir können den Tisch aus der Küche nehmen.“ Antwortete Silvia und schaltete die Nachrichten an.

„Wie uns gerade mitgeteilt wurde, gab es in den letzten Stunden vermehrt Anzeigen über die gerade erwähnten Lampen, die Sachen verschwinden lassen. Sowohl einzelne Gegenstände bis hin zu ganzen Wohnungseinrichtungen sollen verschwunden sein. Und immer wieder taucht die Namen „LEFUET“, „ELLEOH“ und „REUEFEGEF“ auf, die rückwärts ausgesprochen „Teufel“, Hölle“ und „Fegefeuer bedeuten . . .“ Die Nachrichten berichteten nur noch über dieses Thema. Silvia hatte die Fernbedienung in der Hand und schaltete die Programme durch. Überall das Selbe. „Dann hat es ja wenigstens nichts mit uns zu tun. Wir sind also nicht die Einzigen.“  sagte sie. „Zumindest erledigt sich unsere Frage von eben. Wie soll er wissen, dass wir die Lampe der Polizei mitgegeben haben. das werden wohl alle Anderen auch gemacht haben. Aber was soll das? Ist der Typ ein Gebraucht-Möbelhändler und braucht neue Ware?“ „Keine Ahnung,“ antwortete er „aber mittlerweile dürfte er genug davon haben. Da können wir ja noch von Glück reden, dass es nur der Tisch war. Bei anderen soll ein Großteil der Einrichtung weg sein.“ „Holst du den Esstisch aus der Küche?“ fragte sie. „Ich brauche jetzt auch ein Bier.“ Jim trug den Esstisch aus der Küche ins Wohnzimmer und Silvia brachte für beide ein Bier aus dem Kühlschrank. Sie setzten sich beide auf die Couch hörten sich noch den Rest der Nachrichten an und tranken ihr Bier.

Was für eine böse Welt . . .

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